Feuer und Flamme für ein kleines Organ

Die Schilddrüse im Ayurveda

Vaidya Prathmesh Vyas
In diesem Video spricht unser Ayurveda Experte über die Schilddrüse aus ayurvedischer Sicht.

Es ist kaum zu bestreiten, dass unser Körper einem Wunder gleicht: Wie er unermüdlich für uns arbeitet und all die unzähligen Vorgänge ineinandergreifen, um uns gesund und „funktionstüchtig“ zu erhalten. Dafür sorgen die vielen großen und kleinen Helden unseres Organismus – und einer davon ist definitiv die Schilddrüse.

Dieses Organ ist eine wichtige Produktionsstätte für Hormone, die unseren Stoffwechsel regeln. Im Ayurveda gleichen die Aufgaben der Schilddrüse dem Prinzip des Verdauungsfeuers, Agni genannt.

Dieser „Flamme“ genau im richtigen Maß einzuheizen, kann bei einer Über- und vor allem der viel häufigeren Unterfunktion eine wertvolle Hilfe sein. Welche Bedeutung das Kapha und Vata Dosha dabei spielen und wie du je nach Bedarf die richtige Balance findest, erfährst du hier. 

 

Wie ein Schmetterling

Ihren Namen hat die Schilddrüse aufgrund ihrer Lage: Sie befindet sich an der Hals-Vorderseite, unterhalb des Schildknorpels des Kehlkopfs. Ihre Form erinnert an einen Schmetterling, und auch die Größe passt in etwa – eine gesunde Schilddrüse ist ca. daumengroß.

Zur Hauptaufgabe dieses lebenswichtigen Organs gehört es nach westlicher Medizin, den Stoffwechsel zu regeln. Dafür produziert sie zwei Hormone, die sich weitreichend auswirken. Sie beeinflussen unter anderem das Herz-Kreislaufsystem, den Energiestoffwechsel und das Köpergewicht sowie die Darmfunktion und Verdauung.

Im Ayurveda werden die Aufgaben der Schilddrüse – vereinfacht ausgedrückt – gleichgesetzt mit der Funktion von Agni, unserem Verdauungsfeuer. Deshalb spielt es in ayurvedischen Therapieansätzen auch die Hauptrolle.

Schilddrüsenunterfunktion:
Wenn dich „Slow-down“ runterzieht

Zu den typischsten Erkrankungen der Schilddrüse gehören die Über- oder Unterfunktion, wobei letztere sehr viel häufiger auftritt. Diese auch Hashimoto genannte Störung kann sich unter anderem durch Kälteempfindlichkeit und eine ungewöhnliche Gewichtszunahme bemerkbar machen, ebenso wie durch Verstopfung, Müdigkeit, trockene Haut, dauerhafte Heiserkeit oder unerklärliche Muskelschmerzen.

Aber auch scheinbar grundlose emotionale Tiefs sowie negative Gefühle bis hin zur depressiven Verstimmung können Hinweise darauf sein, dass zu wenig Schilddrüsenhormone produziert werden.

Hauptursache

Ein schwaches Verdauungsfeuer

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann viele Ursachen haben. Die ayurvedische Lehre macht jedoch ein Ausgangsproblem für die stockende Hormonproduktion verantwortlich – ein zu schwaches Agni, also ein Verdauungsfeuer, das nicht stark genug lodert.

Deshalb ist es bei einer Unterfunktion der Schilddrüse wichtig, dein Agni zu stärken und damit deinen Stoffwechsel anzuregen. Die Power-Maßnahme hat dabei eins im Sinn: Das Kapha Dosha wieder in die Balance zu bringen. Warum? Ganz einfach, weil ein träger Stoffwechsel typisch ist für ein Kapha-Ungleichgewicht. Ziel ist es, das Dosha zu beruhigen und damit den Folgen des „Zuviel Kapha“ entgegenzuwirken.

Feuer‘ dich an bei
Schilddrüsenunterfunktion

Als Faustregel gilt: Richtig guttut alles, was Kapha beruhigt – egal ob die passende, Ernährung, tägliche Verhaltensroutinen oder reinigende Maßnahmen mit Entgiftungseffekt. Hier kommen unsere Top-Tipps für dich:

Ingwerwasser

Am besten gleich in der Früh eine Kanne vorbereiten und über den Tag verteilt schluckweise trinken

Gewürze & Öle

Du kannst Kurkuma und Ingwer großzügig verwenden; oder gebe in deine Gerichte 1 Esslöffel Senf-, Raps- oder Schwarzkümmelöl

Süße Leckerei

Du kannst vor dem Schlafen gehen 1 EL Honig naschen und dazu warmes Wasser schluckweise trinken

„Feuriges“ Kompott

Besonders köstlich ist ein Kompott gewürzt mit Zimt, Nelken, Muskat und schwarzem Pfeffer. Weil es so leicht verdaulich ist, kannst du es dir auch als Abendessen gönnen.

Runter vom Sofa

Ideal sind Sport und Aktivitäten, bei denen du richtig ins Schwitzen kommst.

Reinigung

Du solltest regelmäßig einen Zungenschaber nutzen; Das „Einschnupfen“ von Öl über die Nase (im Ayurveda Nasya genannt) reinigt zudem sehr gut die Atemwege und befreit von zu viel Kapha.

Bitte nicht

Am besten vermeidest du alles, was Kapha weiter verstärkt. Dazu gehören Lebensmittel wie Bananen, Weißmehl und viele Milchprodukte aber auch Angewohnheiten wie tagsüber Schlafen.

 
 
 
 
 
 
 

Zuviel des Guten:
Schilddrüsenüberfunktion 

Die Kehrseite der Schilddrüsen-Medaille ist die Überfunktion. Sie kommt weit seltener vor, kann aber genauso problematisch für unsere Gesundheit werden. Hier ist das Verdauungsfeuer (Agni) hyperaktiv und führt damit zu einer Pitta-Störung. Deshalb gilt es, das Pitta Dosha zu beruhigen, also mit der passenden Ernährung sowie täglichen Routinen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Somit wird auch Agni wieder „gedrosselt“.

Die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sind denen der Unterfunktion teils sehr ähnlich, teils aber auch entgegengesetzt. Dazu gehören Müdigkeit, Hitzeempfindlichkeit, Gewichtsverlust, Schlafstörungen, Haarausfall, Durchfall, warm-feuchte Haut und Atemnot.

Bitte beachte: Eine gesunde
Schilddrüse ist mehr als Wellness!

Egal ob Über- oder Unterfunktion: Eine Schilddrüsenerkrankung solltest du nicht auf die leichte Schulter nehmen. Fehlen Hormone oder werden sie im Übermaß produziert, hat das nichts mit vorübergehendem Unwohlsein zu tun. Unsere Tipps & Infos ersetzen weder eine Diagnose, noch eine Behandlung. Solltest du unsicher sein, wende dich unbedingt an einen Arzt. 

Das besondere
Ayurveda-Aha

Sowohl bei der Schilddrüsenunter- als auch bei der -überfunktion können bestimmte Begleiterscheinungen zunächst auf die falsche Vata-Fährte führen. Woran liegt das?

Betrachtet man die Symptome beider Erkrankungen, weisen diese scheinbar auf ein Übermaß an Vata hin.

Der Grund dafür: Bei der Unterfunktion wird das zu schwache Verdauungsfeuer durch ein Kapha-Übermaß verursacht. Das geringe Agni behindert den Fluss von Vata im Körper, daher tauchen viele Beschwerden auf, die eine Fährte zu einer Vata-Störung legen (z. B. Kälteempfindlichkeit, Haarausfall, trockene Haut).

Das Gleiche gilt umgekehrt auch bei der Überfunktion: Hier lodert Agni zu stark, verursacht durch ein Zuviel an Pitta; und auch dieses zu „heiße“ Verdauungsfeuer blockiert Vata.

Der heilsame Weg ist also in beiden Fällen, dem jeweils ursächlichen Dosha-Übermaß, entgegenwirken.

Wenn das Verdauungsfeuer wieder im richtigen Maß aktiv ist – nicht zu viel und nicht zu wenig brennt – und das Kapha- bzw. Pitta-Problem behoben ist, löst sich automatisch auch die Vata-Disbalance auf. Dann ist alles wieder im Fluss.

Zusammenfassung

Das Wichtigste To-Go

Die Schilddrüse ist ein lebenswichtiges Organ, welches hilft, unseren Stoffwechsel zu regeln.

Die Funktionen der Schilddrüse lassen sich ayurvedisch interpretieren. Man kann sie demnach mit dem Prinzip von Agni, dem Verdauungsfeuer, vergleichen.

Man unterscheidet dabei Über- und Unterfunktion. Vor allem Letztere ist eine sehr häufige Erkrankung. Es gibt für beide Krankheitsbilder verschiedene Ursachen, die im Ayurveda jedoch immer auf eines zurückgeführt werden: Unser Verdauungsfeuer funktioniert nicht richtig.

Grundsätzlich unterliegen nach Ayurveda beide Schilddrüsenerkrankungen einem gestörten Agni, das entweder zu schwach oder zu stark ist.

Bei der Schilddrüsenunterfunktion ist unser Stoffwechsel verlangsamt. Die Ursache liegt in einem übermäßig ausgeprägten Kapha Dosha. Deshalb gilt es, Kapha auszugleichen, um Agni zu stärken und damit den Stoffwechsel anzuregen.

Eine Schilddrüsenüberfunktion liegt in einer Pitta-Dysbalance begründet. In diesem Fall tut alles gut, was Pitta ausgleicht bzw. reduziert (tägliche Routinen und Ernährung).

Bitte wende dich bei Symptomen in beiden Fällen an einen Arzt, eine Schilddrüsenerkrankung ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Hier sind noch weitere Beiträge für dich, die zum Thema passen: