Zeit für Veränderung

Die Wechseljahre aus ayurvedischer Sicht

In unserer westlichen Welt, in der so vieles auf Jugendlichkeit und Leistungsfähigkeit getrimmt ist, gehört für viele Frauen die Menopause immer noch zu den Themen, die sie am liebsten ignorieren würden. 

Doch diese Phase der hormonellen Umstellung, wenn die Fruchtbarkeit zu Ende geht, macht oft sehr deutlich auf sich aufmerksam: Hitzewallungen, Schlafstörungen, sexuelle Unlust oder Stimmungsschwankungen wie aus dem Nichts gehören zu den typischen Beschwerden, die die meisten Frauen im Laufe ihrer Wechseljahre mal mehr, mal weniger stark erleben.

Im Ayurveda betrachtet man diese Zeit mit sehr viel Liebe, Mitgefühl und auch großem Respekt. Es ist eine Zeit des Wandels und ein Start in einen neuen, wunderbaren Abschnitt, der dein Leben sehr vielfältig bereichern kann.

Und die oft als belastend empfundenen Begleiterscheinungen? Sie können nach ayurvedischem Verständnis entstehen, weil in einem Alter von ungefähr 50 Jahren unser Leben von der Pitta- in die Vata-Phase wechselt. Erfahre in diesem Beitrag mehr darüber, was das bedeutet und mit welchen Praxistipps du ganz ayurveda-like die Wechseljahre mit mehr Ausgeglichenheit und Energie annehmen kannst. 

Willkommen in der Vata-Phase

Im Ayurveda gilt die Menopause als Zeit, in der Erkenntnis und Selbstreflexion reifen, und damit der Beginn von Weisheit und Gnade im Leben der Frauen. Es ist eine Übergangsphase, in der rein körperlich vielfältige Hormonumstellungen passieren. Sie wird aber grundsätzlich von zahlreichen Veränderungen und auch Instabilität begleitet.

Nach den Vorstellungen der indischen Heilkunde ist alles Sein von den drei Doshas durchdrungen – also natürlich auch unser Leben. Es wird nach den Doshas unterteilt in eine Kapha-Phase (Kindheit), eine Pitta-Phase (späte Jugend und Erwachsenenalter) und eine Vata-Phase (ab der Menopause bzw. einem Alter von ca. 50 bis 55 Jahren). 

In jeder Phase dominiert das jeweilige Dosha und das ganz unabhängig vom angeborenen, unveränderlichen Dosha-Typ. Mit der Menopause betrittst du also die dritte Phase, eine Art „Reifezeit“, die von Vata dominiert wird.

 

Wenn die Power Pause hat

Während der Menopause fällt es dem weiblichen Körper schwerer, die drei Doshas in Balance zu halten. Der Grund dafür ist schwindendes Ojas, was so viel wie „vitale Energie“ oder „Lebenskraft“ bedeutet. Fehlendes Ojas lässt außerdem das Stresshormon Cortisol ansteigen, den Blutdruck und den Puls. Selbst wenn sich im Alltag, deinem Umfeld und Lifestyle nichts verändert, kann es daher sein, dass dir vieles anstrengender oder belastender vorkommt.

Parallel treten wir in die Vata-Phase unseres Lebens ein. Und weil die Vata-Energie unter anderem ein sprunghafter und teils unkontrollierter Freigeist ist, kann sich auch in uns ein richtiges Durcheinander ausbreiten – physisch und psychisch. Frauen mit Vata-Dominanz treffen Beschwerden dann oft doppelt stark, da sie in dieser Zeit quasi doppelter „Vata-Wucht“ ausgesetzt sind.

Der Dominanz-Wechsel zwischen Pitta und Vata

Der Wechsel von der Pitta- in die Vata-Phase passiert nicht über Nacht, und während dieser Zeit der „Wachablösung“ kann es sein, dass sich die Pitta-Dominanz der zweiten Lebensphase noch recht hartnäckig in deinem Leben halten will. Das kann im ayurvedischen Kontext zu verschiedenen Beschwerden führen:

Problem mit dem Gedächtnis

Die Lebensenergie Ojas hat eine enge Verbindung mit Kapha. Entsprechend ist dieses Dosha vermindert, was zu kapha-typischen Problemen führen kann, darunter fehlende Konzentration und Schwierigkeiten beim Lernen bzw. generell Gedächtnisprobleme.

Hitzewallungen

Die anhaltende Pitta-Qualität Wärme kann vor allem Hitzewallungen auslösen, was uns wiederum um den Schlaf bringen kann. Zudem kann die „feststeckende“ Pitta-Energie in den Körpergeweben unsere Immunität schwächen und damit im schlimmsten Fall sogar Herz- und Krebserkrankungen begünstigen.

Schwache Verdauung

Je länger du dich in der Menopause befindest, desto weiter steigt Vata im ganzen Körper an. In Folge wird dein zentrales Verdauungsfeuer Agni von seinem Hauptsitz Magen-Darm-Trakt „verschleppt“. Das wiederum kann deine Verdauung und damit insgesamt die Nährstoffversorgung beeinträchtigen, was zu Osteoporose und Erkrankungen des Nervensystems führen kann.

Verstopfung & vaginale Trockenheit

Die hohe Vata-Dominanz breitet sich auch im Dickdarm aus; das kann zu Verstopfung und Hämorriden sowie Scheidentrockenheit führen.

 
 
 
 

Typisch Dosha, typisch Symptom?

Jede Frau erlebt ihre Menopause anders und reagiert ganz individuell auf die vielen hormonellen Veränderungen. Doch zumindest lassen sich im Großen und Ganzen jedem Dosha-Typ bestimmte Symptome zuordnen. Sie können dir eine Tendenz aufzeigen, in welchen Bereichen du besonders auf dich achten kannst: 

Frauen mit Vata Dominanz
können häufiger von Stimmungsschwankungen betroffen sein, oft begleitet von Unruhe, angstvollen Gefühlen und Schlaflosigkeit. Da Vata für das Element Luft steht, kann sich das in Beschwerden äußern wie trockene Haut und Schleimhäute, einschließlich der Vagina. Bei Vata-Frauen sind oft auch die Regelblutungen eher unregelmäßig und werden schneller weniger als bei anderen Dosha-Typen. 

Wenn Pitta dein dominantes Dosha ist
können dir vor allem Hitzewallungen zu schaffen machen. Außerdem kann eine erhöhte Neigung zu Bluthochdruck bestehen. Auf emotionaler Ebene kann es dir schneller passieren, dass dich etwas auf die Palme bringt. Reizbarkeit, Streitlust und mehr Eifersucht als sonst fordern dich und deine Mitmenschen besonders.

Kapha-Frauen haben
tendenziell am häufigsten mit Gewichtszunahme zu kämpfen, auch begleitet von Flüssigkeitsansammlungen und Ödemen. Psychische Symptome können grundlos empfundene Traurigkeit sein, bis hin zur depressiven Verstimmung oder sogar Depression.

 

Tolle Tipps gegen die häufigsten Beschwerden

Um gut durch die Wechseljahre zu kommen, ist das liebevolle Annehmen des Übergangs in deine neue Lebensphase sicher das Beste. Dazu gehören manchmal auch unerwünschte „Begleiterscheinungen“, die ein Wandel durchaus mit sich bringen kann.

Mit unseren ayurvedischen Tipps kannst du dich aber wunderbar auf diese Zeit vorbereiten. Oft reicht schon eine passende Tagesroutine oder ein veränderter Speiseplan, um belastende Symptome zu lindern oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Los geht’s:

Akute Probleme

Hitzewallungen und Schlaflosigkeit

Mit zu den häufigsten Beschwerden in der Menopause gehören die teils sehr unangenehmen „Schwitz-Attacken“. Nachdem diese nicht vor dem Schlafzimmer Halt machen, ist es oft auch mit der Nachtruhe dahin. So kannst du die Wärmeregulation deines Körpers wieder ins Gleichgewicht bringen:

  • Viel Wasser auf nüchternen Magen trinken, am besten 2-3 Gläser jeden Morgen
  • Möglichst täglich mit Ghee kochen
  • Schlafrhythmus einhalten: vor 22 Uhr ins Bett und bis 6 Uhr wieder aus den Federn
  • Kühlendes Obst und Gemüse essen: z. B. Avocado, Birne, Granatapfel, Melone, Kürbis, Artischocke, Fenchel
  • Wohltuende Körper- und Kopfmassage mit Kokosöl vor dem Duschen

Vaginale Trockenheit

So kannst du trockenen Schleimhäuten im Intimbereich vorbeugen oder akute Hautreizungen lindern:

  • Vor dem Essen 1 Esslöffel Ghee einnehmen (oder unter das Gericht mischen)
  • Alternativ 2 Teelöffel Oliven zu den Mahlzeiten einnehmen
  • Früchte wie Avocado, Papaya oder ein zubereiteter Bratapfel können Trockenheit entgegenwirken
  • Lokale Anwendung: Du kannst einen Baumwolltampon mit Sesamöl beträufeln und für 1 Stunde einführen; Als Kur am besten 15 Tage wiederholen

Langfristige Erkrankungen

Osteoporose

Im Ayurveda wird der Knochenschwund als „Verflüssigung von Knochensubstanz“ bezeichnet, verursacht durch zu viel Vata. Vor allem während der Menopause kann sich diese schleichende Erkrankung entwickeln. Das kannst du tun, um beruhigend auf diesen Prozess zu wirken und Osteoporose vorzubeugen:

  • Meide scharfe und würzige Speisen sowie Fermentiertes (z. B. Sojasoße, Essig)
  • Perfekt sind alle Arten von Nüssen und Trockenfrüchten (aber nicht mehr als eine Handvoll)
  • Zum Frühstück kannst du dir Mandeln schmecken lassen. Wichtig: Über Nacht in Wasser einweichen, nicht mehr als 8 Stück
  • Adstringierende Lebensmittel wie Artischocke, Honig, Walnuss sind hilfreich, um die Verflüssigung der Knochen zu stoppen und zu stabilisieren
  • Verwende zum Kochen Sesamöl, das kann helfen, Vata in den Knochen zu beruhigen

Herzprobleme, insbesondere Herzklopfen

Wenn das Herz pocht, muss das natürlich noch keine Herzerkrankung sein. Oft kann es aber ein Hinweis auf nervöse Unruhe sein und langfristig negative Auswirkungen haben. Das kannst du vorbeugend tun, um dein Herz nach ayurvedischen Prinzipien möglichst gesund zu halten:

  • Versuche, in der Kapha-Zeit ins Bett zu gehen, also vor 22 Uhr
  • Genieße möglichst leichte Lebensmittel und solche mit einer kühlenden Wirkung (z. B. Avocado, Birne, Granatapfel, Melone, Kürbis, Artischocke, Fenchel)
  • Herz-Starkmacher sind unter anderem die Früchte Granatapfel, Erdbeeren und Orangen
  • Nach dem Mittagessen kannst du einige Trockenfrüchte naschen (Pflaumen, schwarze Rosinen, Aprikosen)
  • Perfekt sind auch entspannende Atemübungen

Zusammenfassung

Das Wichtigste To-Go

Die Menopause ist nach Ayurveda eine Phase der Veränderung und Instabilität, in der wir von der Pitta-Phase unseres Lebens in die Vata-Phase übergehen. Sie ist jedoch nicht „das Ende“, sondern vielmehr der Start in den dritten Lebensabschnitt, der von Weisheit und Gnade durchdrungen ist.

Während der Zeit des Übergangs können aufgrund der „Dominanz-Streitigkeiten“ zwischen Pitta und Vata verschiedenste, belastende Beschwerden auftreten.

Je nach Dosha-Typ können die Beschwerden variieren, sehr häufig treten jedoch Hitzewallungen und Scheidentrockenheit bei Frauen während der Menopause auf.

Besonders mithilfe von kleinen Ernährungstipps und Alltagsroutinen kannst du deinen Körper in der Zeit des Wandels stärken, um Hitzewallungen und anderen Symptome so gut es geht in den Griff zu bekommen oder ihnen vorzubeugen.

Besonders im Hinblick auf eventuelle langfristige Erkrankungen wie Osteoporose und Herzprobleme sollte keine Frau die Belastungen für Körper und Geist in den Wechseljahren unterschätzen, und sich selbst möglichst gut unterstützen.

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